Mit großem Bedauern und tiefer Trauer mussten wir am 09. Februar dieses Jahres den Tod unseres langjährigen Mitglieds Elena Grölz, geb. Leonte zur Kenntnis nehmen. Sie war über Jahre das absolute Aushängeschild unserer Handballabteilung und in ihrer aktiven Zeit bei uns von 1990 bis 1995 schon fast eine Lebensversicherung dafür, dass die Handballmannschaft der Frauen nach dem überraschenden Aufstieg in die Bundesliga diese Klasse überhaupt halten konnte. Elena wurde am 26. Juli 1960 in Rumänien geboren, wurde dort sehr schnell als für den Handball außergewöhnliches Talent erkannt und stand bereits mit 17 Jahren in der rumänischen Nationalmannschaft. Für ihr damaliges Land absolvierte sie 136 Länderspiele und erzielte dabei knapp 800 Tore. 1985 entschied sie sich im Rahmen eines Länderspiels, nicht nach Rumänien zurückzukehren, sondern in Deutschland zu bleiben, schloss sich dem TV Lützellinden an und konnte in dieser Zeit u.a. zwei Deutsche Meisterschaften feiern. 1990, als der TV Mainzlar mit seiner Frauenmannschaft gerade den Aufstieg in der 1. Bundesliga geschafft hatte, gelang es dem damaligen Trainer Horst Kunz, sie zu einem Wechsel nach Mainzlar zu bewegen. Welche Motive dabei entscheidend waren, werden wir nicht mehr ergründen können. So spielte sie dann 5 Jahre für den TV Mainzlar, wobei sie insgesamt 1025 Tore erzielte, und 4-mal Torschützenkönigin der Frauenbundesliga wurde. In diese Zeit fiel auch ihre Teilnahme mit der deutschen Nationalmannschaft an der Weltmeisterschaft in Südkorea (1990) sowie an den Olympischen Spielen in Barcelona (1992), wo die Mannschaft jedes Mal den 4. Platz erreichte. Gerade Barcelona war für sie aber auch ein Einschnitt, da sie sehr mit ihrer Leistung haderte, weil es nicht für eine Medaille gereicht hatte. Wer Elena persönlich gekannt hat, weiß, dass sie den Handballsport keinesfalls als Hobby und auch nicht als Leidenschaft ansah. Für sie war dies eine Berufung, und sie betrachtete die erfolgreiche Umsetzung als einen Auftrag, den sie unbedingt erfüllen wollte. So war es für sie auch eine Selbstverständlichkeit, in jedem Spiel immer ihre beste Leistung zu bringen. Dass sie in ihrer aktiven Zeit eine absolute Ausnahmespielerin war, lässt sich auch daran erkennen, dass sie neben den 136 Länderspielen für Rumänien auch noch 94 für Deutschland absolvierte und dabei insgesamt mehr als 1300 Tore erzielte. Wie herausragend diese Leistung war, wird erst dann deutlich, wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass sie aufgrund des Wechsels der Nationalität international von 1985 bis 88 gesperrt war und somit keine Länderspiele absolvieren durfte.

Ihre herausragende sportliche Qualität führte auch dazu, dass sie über ein spezielles Förderprogramm des Landes Hessen in den Lehrberuf einsteigen konnte, womit sich ihr eine langfristige Perspektive auch über den Handball hinaus bot. Ihre Zeit in Mainzlar bedeutete aber auch in anderer Hinsicht einen völligen Perspektivwechsel. Hier lernte sie Frank Grölz kennen und stellte dann nach ihrer Heirat fortan die Familie in den Mittelpunkt ihres Lebens. Nachdem ihre beiden Kinder etwas „größer“ geworden waren, scheute sie sich jedoch nicht, dem TV Mainzlar in der Saison 2004/05 noch einmal als Trainerin zur Verfügung zu stehen.

Viele Jüngere werden sich an ihre Zeit als Ausnahmekönnerin im Handball gar nicht erinnern können. Ihnen ist sie eher als diejenige im Gedächtnis geblieben, die sich voll in den landwirtschaftlichen Betrieb ihres Mannes eingebracht hat. Man könnte auch sagen, der Handball wurde gegen den Traktor getauscht. Ihre letzten Lebensjahre waren dann leider von schweren Schicksalsschlägen geprägt. 2019 starb ihr Mann und sie selbst wurde von einer permanent fortschreitenden und nicht heilbaren Krankheit befallen. Uns als Verein bleibt nur, sich vor ihrer Leistung zu verneigen, und zu akzeptieren, dass wir nicht nur eine großartige Handballspielerin, sondern auch einen überaus liebenswerten Menschen verloren haben.

Berndt Dugall