Leserbrief von Bürgermeister Friedrich Koch zum Thema: Größe der Stadthalle Staufenberg vom 04.03.1974

Meine sehr verehrten Mitbürgerinnen u. Mitbürger!

Veranlaßt durch viele Fragen in der Angelegenheit „Mehrzweckhalle“, welche viele Bürger an mich gestellt haben und um Aufklärung bitten, sehe ich mich gezwungen, auch einen Beitrag zu schreiben, was an und für sich gar nicht meine Absicht war, aber im Interesse der Aufklärung komme ich gerne dieser Bitte nach. Es ist nicht meine Absicht irgend jemanden zu diffamieren oder jemanden herauszustellen, sondern ich werde versuchen die Dinge so zu schildern, wie ich sie sehe.

Es wurde zwar zum Teil versucht den TV 05 Mainzlar so hinzustellen, daß Forderungen erhoben würden, welche nicht erfüllt werden können, jedoch muss ich diese Gedankengänge zurückweisen.

Gehen wir doch von der Tatsache aus, daß das zu erstellende Mehrzweckgebäude ein Kind der Gebietsreform ist und nicht eine Forderung des TV 05 Mainzlar. Urspünglich hieß es wir kommen zu Lollar, so daß der Gedanke aufkam, solange wir noch selbständig sind, wollen wir die Weichen so stellen, daß das Gebäude so schnell wie möglich angefangen wird und wir haben unser Mehrzweckgebäude gerettet. Ob diese Gedankengänge richtig sind oder nicht, das mag jeder selbst entscheiden. Die Zeiten ändern sich, die politischen Meinungen ändern sich, das stellte man in der 2. Hälfte des Jahres 1973 fest, daß sich die Gemeinden Staufenberg, Daubringen, Treis und Mainzlar freiwillig zu einer Einheit zusammenschließen können, was auch sehr wahrscheinlich in Kürze erfolgen soll. Dieser freiwillige Zusammenschluß der oben näher bezeichneten Gemeinden hat jedoch zur Folge, daß unser zu erstellendes Mehrzweckgebäude nicht von Lollar finanziert wird, sondern die Finanzierung ist uns selbst überlassen. Zuschüsse von Kreis und Land wird es sehr wahrscheinlich nicht geben.

Wie mir nun berichtet wurde, kam man nach vielen Beratungen überein zuerst eine Halle in der Größe 18 x 33 m zu bauen. Man stellte weiter Überlegungen an und kam zu dem Ergebnis eine Halle in der Größe 21 x 36 m mit Kegelbahn und Schießstand zu bauen. Jetzt kamen unsere Handballspieler und trugen vor, daß diese Maße für den Handball nicht geeignet wären und wünschten eine Halle in der Größe 21 x 40 m. Mag es sein wie es will, wenn man dem Kegel- und Schießsport Rechnung trägt, so sollte man doch überprüfen, ob man unseren Handballspielern nicht auch Rechnung tragen könnte.

Bei der Besprechung in Daubringen am 15. 2. 74 lehnte man einfach die Halle in der Größe 21 x 40 m ab, ohne überhaupt endgültig zu überprüfen, wie hoch die Kostendifferenz ist. Man sprach von sogenannten Unbekannten. Man brauchte nur die Halle in den 2 Größen auszuschreiben, einmal 21 x 35 m und einmal 21 x 40 m, und man hatte dann die Kostendifferenz und konnte darüber sprechen. Ich glaube es wäre von dem Architekten zu fordern gewesen, den Hallenkörper in 2 Maßen auszuschreiben. Man hätte erwarten können, daß unsere Vertreter die Gedankengänge vorgetragen hätten, aber nichts kam in dieser Hinsicht. Die Vertreter von Staufenberg und Daubringen hatten eine geschlossene Meinung, die Meinung der Vertreter von Mainzlar ging auseinander (3 Stimmen dafür, 1 Stimme dagegen, 1 Stimmenthaltung — klar ersichtlich keine geschlossene Meinung).

Dieses Dilemma hat dazu geführt, daß Herr Bernd Dugall den Leserbrief geschrieben hat. Mag er etwas hart gewesen sein, so hat er aber den Kern getroffen und hat herausgestellt, daß bei unseren Vertretern keine geschlossene Meinung war.

Es kam der Leserbrief von Herrn Richard Bingel, wo herausgestellt wird, was die Gemeindevertretung von Mainzlar schon für den Sport getan hat. Es muss hier klar gestellt werden, daß Herr Dugall bei seinem Leserbrief nicht die gesamte Gemeindevertretung gemeint hat, sondern die Vertreter der Gemeinde Mainzlar bei dem Mehrzweckverband. Auch muß klar gestellt werden, daß der TV 05 Mainzlar keine Forderungen an die Gemeinde Mainzlar gestellt hat, sondern es ging darum bei der freiwilligen Aufgabe der Selbständigkeit unserer Gemeinde für unsere Gemeinde das Beste herauszuholen, im Interesse unserer Handballer, welche immer noch nach Gießen zum Training fahren müssen. Unsere Sportler haben den Bau der Mehrzweckhalle nicht gefordert, sondern haben nur gefordert, wenn schon gebaut wird, dann auch so, daß unsere Handballer gegenüber dem Kegel- und Schießsport nicht benachteiligt werden.

Wenn schon im Leserbrief von Herrn Pflüger von vernünftigen Bürgern die Rede ist, dann sollte man meinen, daß alle vernünftigen Bürger auch für die Belange der Sportler Verständnis haben. Zu dem Leserbrief von Herrn Pflüger möchte ich noch weiter sagen, daß Friedhofshalle und Fastnacht nicht zusammen gehören. Die Friedhofshalle ist gebaut, mag sich jeder seine Gedanken darüber machen wie er will. Darüber noch zu diskutieren lohnt nicht. Auch Parteigenossen zu zitieren, gehört nicht dort hin, denn weder die Friedhofshalle, noch die Fastnacht, noch die Parteigenossen haben mit der freiwilligen Aufgabe der Selbständigkeit unserer Gemeinde zu tun, denn der Neubau der Mehrzweckhalle ist in der Gebietsreform zu suchen.

Nun noch abschließend ein Wort zur Gebietsreform: Die Abstimmung der Bevölkerung in unserem Raum wird von mir respektiert, ich möchte aber doch bitten, was man von Lollar evtl. gefordert hätte, sollte man auch gemeinschaftlich bereit sein dieses unserer Gemeinde zu bieten, denn sonst drängt sich ganz unwillkürlich die Frage auf, wären wir zu Lollar gekommen, hätten wir vielleicht für unsere Handballer die maßgerechte Halle erhalten, weil die Mehrheit unserer Bürger die Stadt Staufenberg wünscht, müssen unsere Handballer evtl. auf die maßgerechte Halle verzichten. Ich glaube, dieses sollte doch nicht der Sinn eines freiwilligen Zusammenschlusses sein. Dieses hätten unsere Vertreter im Mehrzweckverband klar zum Ausdruck bringen müssen, aber leider war auch dieses nicht der Fall.

Wenn ich nun diese Zeilen geschrieben habe, so nur aus der Tatsache heraus, einem Wunsche vieler Bürger gerecht zu werden, denn unsere Bürger wissen nicht um was es eigentlich geht. Sollte abschließend noch ein Leserbrief kommen, so teile ich heute schon mit, daß ich in dieser Hinsicht nicht mehr schreiben werde, ganz gleich was kommen wird, hoffe aber hiermit dazu beigetragen zu haben, daß sich die Wege wieder ebnen, denn wir wollen in ca. 3 Monaten unser Feuerwehrfest feiern und zum Feiern brauchen wir die gesamt Gemeinde.

Wie immer, mit freundlichen Grüßen

Ihr ( Koch — Unterschrift)
(Bürgermeister)